Permanente Installation, Projekt des Niederösterreichischen Viertelfestival 2006
Wenn Dächer zu Bildschirmen werden …
Das Dach ist der Teil des Hauses, welcher es nach oben, zum Himmel hin abschließt. Wer in unserer Sprache „ein Dach über dem Kopf“ hat, hat zugleich ein Obdach, gilt als behütet und beschirmt – und dies nicht allein vor naturbedingten Übeln.
Wer bei uns ein Dach über dem Kopf hat, fühlt sich anderseits sicher genug, um die Aufregungen, Katastrophen und Irritationen der Welt ins Haus zu lassen. Allerdings auf Distanz: in Form medialer Bilder, transformiert und aufgelöst in Pixel. Was auch immer geschieht, es kann aufgenommen werden und erreicht heute jede abgelegene Gegend. Als Miniatur, die sich zwar jederzeit ausblenden lässt, wenn man den Fernseher abstellt – die aber oft genug als beunruhigende „Nachricht“ in unseren Köpfen bleibt und dort ihr Eigenleben führt.
Bei solchen Widersprüchen setzt Barbara Krobath an. Mithilfe farbiger Ziegel lässt sie Dächer im Waldviertel mit Motiven aus den Medien bestücken. Kein Dach schirmt ab vor der Welt aus dem Bildschirm: Gedanken wie dieser entstehen anhand von Barbara Krobaths Installation.
Die Verwendung farbiger Ziegel als Pixel, worin sich traditionelles Handwerk und computerbedingte Ästhetik begegnen, steht auch für das Nebeneinander „verschiedener Epochen“ in einer Gegenwart, die – durch die Simultanität der verschiedensten Mediennachrichten, ob aus den ärmsten Ländern oder den reichsten Ländern – in unserer Wahrnehmung zur Patchwork-Realität wurde: Ruhe und Katastrophe, Abgeschiedenheit und Ausgesetztheit, Einsamkeit und Öffentlichkeit: niemand kann sich mehr dem Bewusstsein entziehen, dass alles nebeneinander existiert, gleichzeitig, und in jedem Haus . Wovon jetzt auch Waldviertler Dächer erzählen.
Text Birgit Schwaner